Wie Selbstwahrnehmung deine Resilienz fördert

Kristina Stifter

29. März 2024

In diesem Beitrag zeige ich dir, wie du durch eine bewusste Selbstwahrnehmung deine individuelle Resilienz fördern kannst, also deine Fähigkeit, gelassener und flexibler auf Stress zu reagieren. Und welche praktischen Schritte du mit wirkungsvollen Übungen unternehmen kannst, um dein Selbstbewusstsein zu stärken und dich in Selbswahrnehmung zu üben.

Was ist Selbstwahrnehmung?

Selbstwahrnehmung ist die Fähig­keit ei­nes Men­schen, sich zu fühlen und zu erkennen. Die Selbst­wahrnehmung ent­steht durch Auf­merksamkeits­len­kung auf die eigene Per­son in ih­rer Ge­samt­heit auf ver­schie­de­nen Ebenen, z. B. durch die ge­ziel­te Wahrnehmung von Kör­per­emp­findun­gen, Gedanken, Emotionen oder Ver­haltens­weisen.

Diese Wahrnehmung des eigenen selbst fin­det teils bewusst, teils un­bewusst statt und beeinflusst das Selbstkonzept des Ein­zelnen. Sie ist die Sum­me der Ein­drü­cke, die ei­ne Per­son von sich selbst er­lebt, wahr­nimmt und beinhaltet, in Form von:

  • Fähigkeit zur Selbstaufmerksamkeit, d.h. die Aufmerksamkeit von außen (von der Umwelt) nach innen (zum eigenen Selbsts) zu lenken und somit innere körperliche Prozesse wie Spannungen, Schmerz oder Druck wahrnehmen zu können.
  • Fähigkeit zur Selbstbeobachtung
    (Quelle: Pschyrembel)

Und Wikipedia sagt: „Selbstwahrnehmung oder Eigenwahrnehmung ist die Wahrnehmung des Selbst, der eigenen Person. Sie ist zusammen mit der Selbstbeobachtung für die eigene Bewusstseinsbildung und das Selbstbewusstsein unentbehrlich. Der Gegenbegriff zur Selbstwahrnehmung ist die Fremdwahrnehmung, also die Wahrnehmung einer Person durch Andere.“

Selbstwahrnehmung und Resilienz

Resilienz, die Fähigkeit, sich nach Rückschlägen zu erholen und sogar gestärkt daraus hervorzugehen, ist ein wichtiger Aspekt des psychischen Wohlbefindens. Menschen mit hoher Resilienz können besser mit Veränderungen und Krisen umgehen und schwierige Situationen bewältigen. Doch wie kannst du deine Resilienz stärken? Eine entscheidende Komponente ist die Selbstwahrnehmung, die Fähigkeit, dich selbst und deine Emotionen, Gedanken und Handlungen zu verstehen.

Hast du gewusst, dass die Selbstwahrnehmung zu einer der sieben Schlüsselfaktoren der Resilienz gehört? Zusammen mit der Selbstreflexion und der Selbstwirksamkeit zählt sie zu den Praktiken, die du gezielt trainieren und üben kannst. Es geht also darum, Körpersignale wahrzunehmen, zu erkennen und zu verstehen, damit du auf Stress gelassender und bewusster reagieren kannst.

Wie beeinflusst die Selbstwahrnehmung die Resilienz?

1. Erkenntnis eigener Grenzen:
Indem du dich selbst besser kennenlernst, kannst du deine eigenen Grenzen und Belastbarkeiten besser einschätzen. Dies ermöglicht es dir, realistische Ziele zu setzen und dich nicht übermäßig zu belasten, was deine Resilienz erhöht.

2. Bewältigung von Stress: Selbstwahrnehmung ermöglicht es dir, deine Stressoren zu identifizieren und zu verstehen, wie du darauf reagierst. Indem du dir bewusst wirst, wie bestimmte Situationen oder Gedanken deinen Stress beeinflussen, kannst du effektivere Bewältigungsstrategien entwickeln.

3. Entwicklung von Selbstmitgefühl: Eine starke Selbstwahrnehmung ermöglicht es dir auch, dich selbst mit Mitgefühl zu betrachten. Du erkennst deine Fehler und Schwächen, ohne dich selbst zu verurteilen, und können uns stattdessen ermutigen und unterstützen. Dies trägt dazu bei, unsere Resilienz zu stärken, indem es uns hilft, uns schneller von Rückschlägen zu erholen.

4. Anpassungsfähigkeit: Selbstwahrnehmung befähigt dich, flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Indem wir unsere eigenen Bedürfnisse und Wünsche verstehen, können wir unsere Ziele und Pläne entsprechend anpassen, wenn sich die Umstände ändern. Diese Anpassungsfähigkeit ist entscheidend für die Bewältigung von Herausforderungen und fördert unsere Resilienz.

Warum ist eine positive Selbstwahrnehmung wichtig?

Es geht um die Bewertung, die du dir selbst gibst und das Bewusstsein von deiner eigenen Persönlichkeit. Wissenschaftler haben festgestellt: Ein hoher Selbstwert ist kein Schutzfaktor an sich – zeigt also keine schützende Wirkung in belastenden Situationen, ein niedriger Selbstwert jedoch ist eindeutig ein Risikofaktor.

Eine positive Selbstwahrnehmung wird mit den Begriffen umschrieben wie:

  • Selbstbewusstsein
  • Selbstvertrauen
  • Selbstliebe
  • Selbstwertgefühl

Zur Selbstwahrnehmung gehört also auch, sich selbst anzunehmen sowie seine Stärken, Schwächen und Bedürfnisse zu kennen und zu akzeptieren. Das ist nicht immer einfach. Denn viele Menschen sind oft selbst ihr größter Kritiker. Genau dafür hilft das Konzept der Akzeptanz.

Tipp: sich selbst wie einen guten Freund behandeln

Wie gut gehst du mit dir selbst um? Bist du zu dir selbst genauso großzügig, liebevoll und tolerant wie bei deiner besten Freundin oder deinem besten Freund? Oft behandeln wir andere besser als uns selbst. Mit uns selbst jedoch führen wir eindeutig die längste Beziehung unseres Lebens, da sollten wir auf einen guten Umgang mit uns selbst achten. Das heißt proaktiv Körpersignale und Emotionen wahrzunehmen und zu reflektieren: „Wie geht es mir wirklich? und Was brauche ich jetzt?“ – das sind wertvolle Fragen, um mit der Selbswahrnehmung in Kontakt zu kommen.

Selbstwahrnehmung üben

Selbstwahrnehmung üben durch geschärfte Sinne

Über zwei Ebenen können wir unsere Selbswahrnehmung trainieren:

1. nach außen gerichtete Sinne

– alles was wir sehen (visuelle Reize)
– alles was wir hören (auditive Reize)
– alles was wir riechen und schmecken (olfaktorische Reize)

2. nach innen gerichtete Sinne

– alles was wir fühlen (Schmerz- und Muskelempfindungen, wie auch Emotionen)

So kannst du dich in Selbstwahrnehmung üben

Hier sind einige konkrete und praxisnahe Übungen, die dir helfen können, deine Selbstwahrnehmung zu trainieren:

  1. Mache einen Körper-Scan: Setze dich oder lege dich hin und konzentriere dich auf verschiedene Teile deines Körpers, beginnend von den Zehen bis hin zum Kopf. Spüre bewusst jede Körperregion und bemerke, wie sie sich anfühlt. Diese Übung hilft dir, dich mit deinem Körper zu verbinden und deine körperlichen Empfindungen wahrzunehmen.
  2. Versuche, achtsam zu meditieren: Setze dich bequem hin und konzentriere dich auf deine Atmung. Beobachte deine Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen, ohne sie zu bewerten oder zu analysieren. Lass sie einfach kommen und gehen, während du dich auf den gegenwärtigen Moment konzentrierst. Starte mit kurzen Sitzungen von 5-10 Minuten und erhöhe die Dauer nach Bedarf.
  3. Schreib ein ehrliches Tagebuch: Führe ein tägliches Tagebuch, in dem du deine persönlichen Gedanken, Gefühle und Erlebnisse reflektierst. Schreibe auf, was dir durch den Kopf geht, wie du dich fühlst und was du erlebt hast. Diese Übung hilft dir, deine Gedanken zu klären und Muster in deinem Verhalten zu erkennen.
  4. Übe dich in Selbstreflexion: Nimm dir regelmäßig Zeit für Selbstreflexion. Frage dich selbst, warum du in bestimmten Situationen bestimmte Emotionen empfindest oder bestimmte Handlungen ausführst. Reflektiere über deine Reaktionen und Verhaltensweisen und versuche, sie zu verstehen.
  5. Hol dir Feedback ein: Bitte Freunde, Familie oder Kollegen um Feedback zu deinem Verhalten und deiner Persönlichkeit. Sei offen für konstruktive Kritik und betrachte sie als Gelegenheit, dich selbst besser kennenzulernen. Überlege, wie du das Feedback nutzen kannst, um deine Selbstwahrnehmung zu verbessern.
  6. Übe dich in Visualisierung: Setze dich hin und visualisiere dich selbst in verschiedenen Situationen. Stelle dir vor, wie du dich fühlst, was du denkst und wie du handelst. Diese Übung hilft dir, deine Reaktionen auf verschiedene Szenarien zu erkunden und deine Selbstwahrnehmung zu vertiefen.

Indem du regelmäßig diese Übungen praktizierst, kannst du deine Selbstwahrnehmung stärken und ein tieferes Verständnis für dich selbst entwickeln. Beginne mit kleinen Schritten und sei geduldig mit dir selbst, da die Entwicklung von Selbstwahrnehmung Zeit und Übung erfordert.

Was wissenschaftliche Studien zur Selbstwahrnehmung und Resilienz sagen

Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Studien, die die Verbindung zwischen Selbstwahrnehmung und Resilienz untersucht haben. Eine Studie, die besonders relevant ist, wurde von Brissette, Scheier und Carver (2002) durchgeführt. In ihrer Untersuchung fanden sie heraus, dass Menschen mit einer starken Selbstwahrnehmung tendenziell besser in der Lage sind, auf stressige Ereignisse zu reagieren und sich schneller von Rückschlägen zu erholen. Dies deutet darauf hin, dass Selbstwahrnehmung ein wichtiger Faktor für die Resilienz sein kann.

Eine weitere interessante Studie stammt von Neff, Kirkpatrick und Rude (2007). In ihrer Forschung fanden sie heraus, dass Selbstmitgefühl, das eng mit Selbstwahrnehmung verbunden ist, ein wichtiger Prädiktor für die psychische Gesundheit und Resilienz ist. Menschen, die sich selbst mit Mitgefühl betrachten und ihre Fehler akzeptieren können, sind besser in der Lage, schwierige Situationen zu bewältigen und sich von Rückschlägen zu erholen.

Darüber hinaus hat eine Meta-Analyse von Sood und Prasad (2018) gezeigt, dass Achtsamkeitspraktiken, die die Selbstwahrnehmung fördern, signifikant mit einer verbesserten psychischen Gesundheit und Resilienz verbunden sind. Diese Studie unterstreicht die Bedeutung von Achtsamkeit für die Stärkung der Selbstwahrnehmung und damit der Resilienz.

Diese Studien liefern wichtige Einblicke in die Verbindung zwischen Selbstwahrnehmung und Resilienz und unterstützen die Argumentation, dass eine starke Selbstwahrnehmung ein wesentlicher Bestandteil der psychischen Widerstandsfähigkeit ist.

Fazit: Selbstwahrnehmung hat eine wichtige Rolle

Insgesamt spielt die Selbstwahrnehmung eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Resilienz. Indem wir uns selbst besser verstehen, können wir effektivere Bewältigungsstrategien entwickeln, uns schneller von Rückschlägen erholen und flexibler auf Herausforderungen reagieren. Durch praktische Schritte wie Achtsamkeitspraxis, Tagebuchführung, Feedback und Selbstreflexion können wir unsere Selbstwahrnehmung stärken und damit unsere Resilienz erhöhen.

Ich wünsche dir Neugierde und Leichtigkeit bei der praktischen Umsetzung!

Über die Autorin

Kristina Stifter

Kristina Stifter ist zertifizierte Resilienztrainerin, ganzheitlicher Coach, Meditationslehrerin und Anusara Inspired Yoga Teacher. Sie verfügt auch über eine langjährige Erfahrung als Betriebswirtin mit Schwerpunkt Marketing/Unternehmenskommunikation im Top Management in der IT-Branche. Sie hat 2022 die Sinnstifterei als lebendige Werkstatt für Resilienz und Achtsamkeit gegründet. Ihr Ziel ist es, die mentale Gesundheit von Menschen nachhaltig zu stärken.

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