Trauer bewältigen: Ein Leitfaden aus Resilienz, Coaching und Spiritualität

Kristina Stifter

31. August 2024

Trauer ist eine der tiefgreifendsten Erfahrungen, die uns im Leben begegnen. Sie reißt uns aus dem Alltag, stellt alles in Frage und hinterlässt oft ein Gefühl der Leere. Doch auch in der Dunkelheit liegt eine Chance: Die Chance, eine neue innere Stärke und tiefe Selbsterkenntnis zu entwickeln. Mit Hilfe von Resilienztraining, Coaching und spirituellen Weisheiten kannst du lernen, Wege aus der Trauer zu finden– nicht um den Schmerz zu verdrängen, sondern um ihm mit neuem Mut und innerem Wachstum zu begegnen. Wie das geht? Lass uns das gemeinsam erkunden.

Definition und Arten von Trauer

Trauer ist eine komplexe emotionale Reaktion auf den Verlust von etwas oder jemandem, das oder der für uns von großer Bedeutung ist. Dieser Verlust kann der Tod eines geliebten Menschen, das Ende einer Beziehung, den Verlust eines Arbeitsplatzes oder sogar eine bedeutende Lebensveränderung sein. Trauer beinhaltet eine Vielzahl von Gefühlen, wie Traurigkeit, Wut, Schuld, Verzweiflung und manchmal auch Erleichterung. Sie ist ein natürlicher, aber auch sehr individueller Prozess, der es uns ermöglicht, den Verlust zu verarbeiten und uns an eine neue Realität anzupassen.

Normale Trauer (Einfache Trauer)

Diese Form der Trauer ist die häufigste und wird als eine gesunde und natürliche Reaktion auf Verlust angesehen. Sie umfasst eine Reihe von Phasen, wie Schock, Leugnung, Wut, Verhandeln, Depression und schließlich Akzeptanz. Die Trauer wird allmählich weniger intensiv und das Leben kehrt nach und nach zu einem neuen Normalzustand zurück.

Komplizierte Trauer

Bei komplizierter Trauer bleiben die Trauerreaktionen über einen längeren Zeitraum hinweg intensiv und beeinträchtigen das tägliche Leben erheblich. Menschen mit komplizierter Trauer haben Schwierigkeiten, den Verlust zu akzeptieren und sich an die neue Realität anzupassen. Diese Form der Trauer kann professionelle Unterstützung erforderlich machen.

Antizipatorische Trauer

Diese Art der Trauer tritt auf, bevor der tatsächliche Verlust eintritt, z. B. wenn eine geliebte Person unheilbar krank ist. Menschen beginnen bereits vor dem Tod oder dem Verlust zu trauern, da sie sich mental und emotional auf das Unvermeidliche vorbereiten.

Verzögerte Trauer

Verzögerte Trauer tritt auf, wenn die Person ihren Verlust nicht sofort betrauert, sondern die Trauergefühle erst später zum Vorschein kommen. Dies kann passieren, weil die Person den Verlust nicht direkt verarbeitet hat oder weil sie sich aus verschiedenen Gründen gezwungen sieht, die Trauer zunächst zu unterdrücken.

Ambulante Trauer

Diese Form der Trauer tritt bei Verlusten auf, die schwer zu definieren oder zu quantifizieren sind, wie etwa der Verlust eines Traums, einer Lebensweise oder einer Zukunft, die man sich vorgestellt hat. Ambulante Trauer ist oft subtiler und kann länger andauern, da sie nicht immer als „legitimer“ Verlust anerkannt wird.

Trauer in der Arbeitswelt

Trauer im beruflichen Kontext ist ein häufig übersehenes, aber dennoch sehr reales Phänomen. Sie kann durch verschiedene berufliche Veränderungen ausgelöst werden, die oft eine tiefe emotionale Reaktion hervorrufen. Hier sind einige Beispiele, wie Trauer in der Arbeitswelt auftreten kann:

1. Jobverlust

Der Verlust des Arbeitsplatzes ist eine der intensivsten Formen beruflicher Trauer. Es geht dabei nicht nur um den finanziellen Verlust, sondern auch um den Verlust von Identität, Routine und sozialer Interaktion. Für viele Menschen ist ihr Beruf ein wesentlicher Teil ihres Selbstwertgefühls. Wenn dieser verloren geht, kann dies zu tiefen Trauergefühlen, Unsicherheit und Zukunftsängsten führen. Die Betroffenen müssen oft den Glauben an ihre Fähigkeiten und ihren Wert auf dem Arbeitsmarkt neu aufbauen.

2. Projektende

Ein Projekt, das über lange Zeit intensiv verfolgt wurde, kann am Ende einen Verlust hinterlassen, besonders wenn viel Leidenschaft und persönliche Identifikation investiert wurde. Der Abschluss eines solchen Projekts kann Trauer hervorrufen, da man sich von einer Tätigkeit verabschieden muss, die einem viel bedeutet hat. Diese Art von Trauer kann subtil sein, zeigt sich aber oft in einer Leere oder einem Gefühl des „Was jetzt?“.

3. Änderung von Verantwortlichkeiten

Wenn sich die beruflichen Verantwortlichkeiten ändern, kann dies ebenfalls zu Trauer führen. Dies passiert häufig, wenn jemand in eine neue Rolle befördert wird und dabei alte, vertraute Aufgaben abgeben muss. Obwohl Beförderungen oft als Erfolg angesehen werden, können sie auch das Gefühl mit sich bringen, etwas Wertvolles zu verlieren. Diese Art von Trauer kann durch den Verlust von Routine, bekannten Arbeitskollegen oder die Verlagerung weg von Aufgaben, die Freude bereitet haben, entstehen.

4. Unternehmensübernahme

Bei einer Unternehmensübernahme können Mitarbeiter Trauer empfinden, besonders wenn sich die Unternehmenskultur drastisch verändert oder es zu Entlassungen kommt. Selbst wenn der Arbeitsplatz sicher bleibt, kann die Trauer um den Verlust der alten Unternehmenskultur, vertrauter Kolleginnen und Kollegen oder bewährter Arbeitsweisen auftreten. Diese Veränderungen können das Gefühl der Sicherheit und Zugehörigkeit beeinträchtigen.

5. Renteneintritt in Sichtweite

Die Aussicht auf den Ruhestand kann bei manchen Menschen Trauer auslösen, besonders wenn der Beruf einen wesentlichen Teil ihres Lebens ausgemacht hat. Der Übergang in den Ruhestand kann ein Gefühl des Verlusts von Bedeutung und Zweck mit sich bringen. Viele Menschen haben Mühe, sich mit der Tatsache abzufinden, dass sie nicht mehr gebraucht werden und ihre beruflichen Fähigkeiten möglicherweise an Bedeutung verlieren. Diese Form der Trauer ist oft mit Ängsten vor Einsamkeit und dem Verlust sozialer Kontakte verbunden.

Umgang mit Trauer im beruflichen Kontext

Das Wahrnehmen, Erkennen und Akzeptieren dieser Formen von Trauer ist der erste Schritt, um damit umzugehen. In vielen Fällen kann der Austausch mit Kollegen oder professionelles Coaching helfen, den Übergang zu bewältigen. Ebenso können Resilienzstrategien, wie das Entwickeln neuer Ziele oder das Erlernen neuer Fähigkeiten, dazu beitragen, wieder Fuß zu fassen und sich an die veränderten Umstände anzupassen.

Wege aus der Trauer

1. Trauer als Prozess akzeptieren

Der erste Schritt zur Bewältigung von Trauer ist die Akzeptanz. Im Resilienztraining lernst du, dass es wichtig ist, die damit verbundenen Gefühle zu akzeptieren, und im Coaching wirst du dabei unterstützt, deinen eigenen Weg durch die Trauer zu finden. Es ist wichtig, den eigenen Gefühlen Raum zu geben und sich selbst Zeit zu lassen. Vielleicht fragst du dich: „Warum dauert es so lange, bis ich mich besser fühle?“ Es ist entscheidend zu verstehen, dass Trauer kein linearer Prozess ist und jeder Mensch in seinem eigenen Tempo durch diese Phasen geht.

2. Die eigene Resilienz stärken

Resilienz bedeutet, sich von Rückschlägen zu erholen und aus Krisen gestärkt hervorgehen zu können. Dafür notwendige Kompetenzen, wie Umgang mit Emotionen und realistischer Optimismus, kannst du in einem Resilienztraining wieder erlernen und weiter ausbauen.

Achtsamkeit: Sich der eigenen Gefühle bewusst zu werden, ohne sie zu bewerten. Achtsamkeitstechniken, wie Meditation oder Atemübungen, können dir dabei helfen, den Schmerz anzunehmen und gleichzeitig sich nicht voll und ganz davon überwältigen zu lassen.

Selbstfürsorge: „Alles was du tust, tue es aus einem guten Zustand heraus.“ , das sagt Sebastian Mauritz von der Resilienzakademie in Göttingen. Das ist in Phasen der Trauer gar nicht so einfach. So frage dich regelmäßig, was brauche ich jetzt, damit es mir ein klein wenig besser geht? Regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf unterstützen dein Wohlbefinden. Erlaube dir kleine Pausen von der Trauer, in denen du bewusst etwas Schönes für dich tust. Lass neben der Trauer auch Platz für die Freude in deinem Leben!

Positive Selbstgespräche: Die Art und Weise, wie du mit dir selbst sprichst, beeinflusst deine innere Haltung. Ersetze negative Gedanken wie „Ich werde nie wieder glücklich sein“ durch unterstützende, realistische Aussagen wie „Es ist schwer, aber ich werde einen Weg finden, mit diesem Verlust zu leben.“

3. sich durch den Trauerprozess begleiten lassen

Ein Coach kann in dieser schwierigen Zeit eine wichtige Rolle spielen, indem er dich durch den Prozess begleitet und dich ermutigt, deine eigenen Ressourcen zu entdecken und zu nutzen. Im Coaching geht es darum, deinen individuellen Weg aus der Trauer zu finden. Hier einige Ansätze:

Ressourcen aktivieren: Gemeinsam mit deinem Coach kannst du herausfinden, welche Menschen, Aktivitäten oder Gedanken dir in der Trauer Halt geben. Dies können Freunde sein, die dich unterstützen, Hobbys, die dir Freude bereiten, oder Rituale, die dir Trost spenden.

Ziele setzen: Auch in der Trauer kann es hilfreich sein, sich kleine, erreichbare Ziele zu setzen. Diese können dir ein Gefühl der Kontrolle und Normalität zurückgeben. Dein Coach kann dich dabei unterstützen, diese Ziele zu definieren und Schritt für Schritt zu erreichen.

Stärken entdecken: Ein Coach kann dir helfen, deine Stärken zu erkennen und sie gezielt einzusetzen, um die Trauer zu bewältigen. Vielleicht hast du schon ähnliche Herausforderungen in der Vergangenheit gemeistert und kannst diese Erfahrungen nutzen, um auch jetzt Kraft zu schöpfen.

4. Netzwerke und Unterstützung suchen

Resilienz bedeutet auch, zu wissen, wann und wo man sich Unterstützung holen kann. Scheue dich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, sei es in Form von Therapie, Selbsthilfegruppen oder eben Coaching. Auch der Austausch mit anderen Trauernden kann heilsam sein und das Gefühl geben, nicht allein zu sein.

5. Trauer in Dein Leben integrieren

Trauer wird nie ganz verschwinden, aber mit der Zeit kannst du lernen, sie in dein Leben zu integrieren. Dies bedeutet, den Verlust als Teil deiner Geschichte anzunehmen und ihm einen Platz in deinem Leben zu geben, ohne dass er dein gesamtes Leben bestimmt. Hierbei kann es hilfreich sein, Rituale zu entwickeln, die dir helfen, deine Trauer zu verarbeiten, wie das Schreiben eines Tagebuchs, das Schaffen eines Erinnerungsortes oder das Feiern von Gedenktagen.

Trauer ins Leben zu integrieren bedeutet, den Verlust als Teil des eigenen Weges zu akzeptieren.

Spirituelle Weisheit aus Advaita Vedanta und kaschmirischem Shivaismus

Neben den praktischen Ansätzen bieten spirituelle Traditionen wie das Advaita Vedanta und der kaschmirische Shivaismus tiefgreifende Einsichten, die dir helfen können, Trauer auf einer spirituellen Ebene zu verstehen und zu verarbeiten.

Advaita Vedanta lehrt, dass unser wahres Selbst ewig und unberührt von den weltlichen Ereignissen ist. Der Verlust, den du erlebst, betrifft nur die äußere, vergängliche Welt, nicht jedoch dein wahres Wesen. Diese Erkenntnis kann helfen, dass schmerzhafte Emotionen in den Hintergrund treten und Trost in der Vorstellung zu finden ist, dass das, was wirklich zählt, grenzenlos und immer da ist.

Der kaschmirische Shivaismus fügt eine weitere Perspektive hinzu. Diese Tradition sieht das gesamte Universum als Ausdruck des höheren (göttlichen) Bewusstseins. Alles, was wir erleben – einschließlich Trauer – ist ein Ausdruck dieses Bewusstseins. Anstatt die Trauer als etwas Trennendes oder Zerstörerisches zu sehen, lehrt diese Philosophie, die Einheit aller Dinge zu erkennen und die Trauer als Teil des großen Tanzes des Lebens zu akzeptieren. Dies kann eine Form deiner spirituellen Resilienz fördern, bei der Du Dich als Teil eines größeren Ganzen erkennst.

Wie Spiritualität dir helfen kann:

Indem du diese spirituellen Einsichten in deinen Trauerprozess integrierst, kannst du eine tiefere innere Ruhe und Akzeptanz finden.

Diese Verbundenheit mit einer größeren Kraft kann dir helfen, dich getragen und unterstützt zu fühlen.

Fazit: Trauer als Weg zur inneren Stärke

Der Weg aus der Trauer ist kein einfacher, aber er bietet dir die Möglichkeit, zu wachsen und innere Stärke zu entwickeln. Resilienztraining und Coaching können dich auf diesem Weg unterstützen, indem sie dir helfen, deine Gefühle zu akzeptieren, deine inneren Ressourcen zu mobilisieren und Schritt für Schritt wieder ins Leben zurückzufinden. Trauer ist ein Teil des Lebens, aber sie muss nicht das Ende deiner Freude sein – sie kann auch der Beginn eines neuen, stärkeren Selbst sein.

Wie gehst du mit Trauer um?

Weiterführende Informationen:

Krise als Chance: Wie du aus schwierigen Zeiten gestärkt herausgehst
So kannst du Vertrauen aufbauen: Praktische Tipps und Übungen
Loslassen lernen – ein Weg zum inneren Frieden und zur Resilienz
Die sieben Säulen der Resilienz

Studie zum Thema Trauer: Eisma, M. C., Lenferink, L. I. M., & Boelen, P. A. (2023). Complicated Grief: A Randomized Controlled Trial of Internet-Based Cognitive Behavioral Therapy

Über die Autorin

Kristina Stifter

Kristina Stifter ist zertifizierte Resilienztrainerin, ganzheitlicher Coach, Meditationslehrerin und Anusara Inspired Yoga Teacher. Sie verfügt auch über eine langjährige Erfahrung als Betriebswirtin mit Schwerpunkt Marketing/Unternehmenskommunikation im Top Management in der IT-Branche. Sie hat 2022 die Sinnstifterei als lebendige Werkstatt für Resilienz und Achtsamkeit gegründet. Ihr Ziel ist es, die mentale Gesundheit von Menschen nachhaltig zu stärken.

Hast Du Fragen, Anregungen oder Feedback?

Your email address will not be published. Required fields are marked

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}