Stell dir vor, du stehst vor einer Wand. Eine unüberwindbare Barriere, die dir den Weg versperrt. Genau so fühlt sich eine Krise oft an. Aber was wäre, wenn diese Wand keine Barriere, sondern eine Leiter wäre? Ein Mittel, um höher zu steigen und neue Perspektiven zu gewinnen. In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, wie du Krisen als Chancen nutzen kannst, um gestärkt daraus hervorzugehen.
In meinem Leben war es der plötzliche Tod meines Bruders Daniel, der einen tiefen Einschnitt nicht nur für mich, sondern für die gesamte Familie und den gesamten Freundeskreis bedeutet hat. Ich fragte mich lange, für was sollte dies bitte gut sein? Heute lautet meine Antwort darauf, dass ich dadurch gelernt habe, was mir wirklich wichtig ist im Leben und dafür bin ich sehr dankbar.
Die Natur von Krisen: Warum sie uns treffen
Krisen sind ein natürlicher Bestandteil unseres Lebens. Sie erscheinen oft als unüberwindbare Hindernisse, die uns aus der Bahn werfen. Doch warum treffen sie uns überhaupt? Unser Gehirn reagiert auf Stress und Herausforderungen mit speziellen biologischen Mechanismen, die uns helfen sollen, diese Situationen zu bewältigen. Diese Reaktionen sind Teil unseres evolutionären Erbes und bereiten uns darauf vor, besser mit zukünftigen Herausforderungen umzugehen.
Die Phasen einer Krise: Vom Schock zur Neuorientierung
Das Wort „Krise“ hat seinen Ursprung aus dem griechischem „krisis“ und bedeutet Unsicherheit, bedenkliche Lage, Zuspitzung, Entscheidung, Wendepunkt. Lebensumstände ändern sich und Menschen werden konfrontiert mit gravierenden unerwünschten Einschnitten und Anforderungen und so erleben wir immer wieder mal größere, mal kleinere Krisen. Damit sich eine Krise in deinem Leben zu einem Vorteil entwickeln kann, ist es hilfreich, die verschiedenen Phasen einer Krise zu kennen:
1. Schock und Verleugnung
In dieser ersten Phase erleben wir oft eine intensive emotionale Reaktion auf die Krise. Der Schock kann lähmend wirken, und viele Menschen versuchen, die Realität der Situation zu verleugnen.
2. Widerstand und Wut
Nachdem der erste Schock überwunden ist, kämpfen wir oft gegen die Veränderung an. Gefühle von Wut und Frustration können auftauchen, und es ist normal, sich gegen die neue Realität zu wehren. Diese Phase ist wichtig, um die Emotionen zu verarbeiten und zu beginnen, die neue Situation zu akzeptieren.
3. Rationale Auseinandersetzung
In dieser Phase beginnen wir, die Krise rational zu analysieren. Wir suchen nach Gründen und versuchen, die Situation zu verstehen. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zur Akzeptanz.
4. Akzeptanz und Neuorientierung
Sobald wir die Krise akzeptiert haben, beginnt die Phase der Neuorientierung. Wir entwickeln neue Pläne und Strategien, um mit der veränderten Situation umzugehen und aus ihr zu lernen.
7 Tipps: Wie kann ich Krisen bewältigen?
1. Erster Schritt: Akzeptanz
Der erste Schritt, um aus einer Krise gestärkt hervorzugehen, ist die Akzeptanz. Es mag banal klingen, aber die Akzeptanz der Situation ist essenziell. Die Forschung von Hayes et al. (2006) zeigt, dass die Akzeptanz von negativen Erlebnissen zu einer besseren psychischen Gesundheit führt.
Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist das Führen eines Tagebuchs, in dem du deine Gefühle und Gedanken niederschreibst. Durch das Schreiben kannst du deine Emotionen besser verarbeiten und einen klaren Kopf bekommen.
2. Perspektivenwechsel: Chancen in der Krise erkennen
Ein Perspektivenwechsel kann dir helfen, in einer Krise versteckte Chancen zu erkennen. Die Studie von Gross (2002) zeigt, wie kognitive Umstrukturierung (Reframing) dabei hilft, Stress zu bewältigen und Resilienz zu fördern. Eine praktische Übung dafür ist das Dankbarkeitstagebuch: Notiere täglich Dinge, für die du dankbar bist. Beginne mit einem und steigere dich langsam bis auf täglich 10 Dinge. Dies hilft dir, den Fokus von den negativen Aspekten und Gedanken auf die positiven Elemente in deinem Leben zu lenken.
3. komm Raus aus der Opferrolle: Übernimm Verantwortung!
Vermeide es, dich als Opfer der Umstände zu sehen. In der Opferrolle zu verharren hilft nicht weiter. Übernimm stattdessen die Verantwortung für dich und dein Leben. Nimm die Situation an und wisse, dass jede Phase kommt und auch wieder vorübergeht. Du warst bisher stärker als das Leben und hast schon die ein oder andere Herausforderung gemeistert, daher glaube fest daran, auch die aktuelle Situation erfolgreich handhaben zu können.
4. Beantworte für dich 4 wichtige Fragen:
Eine Krise ist für jeden Menschen gleich. Und doch gibt es Menschen, die daran zerbrechen und Menschen, die nach der Krise besser aufgestellt sind, als vorher. Der Unterschied ist leicht zu erklären: Resiliente Menschen gehen anders mit Krisen um, denn sie wissen, dass sie gestärkt aus Krisen hervorgehen können. So nutze die Zeit während einer Krise und beantworte dir dabei die folgenden vier wichtigen Fragen:
- In welcher Phase der Krise befinde ich mich gerade?
- Was brauche ich, um die Krise zu überstehen?
- Was darf ich machen, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen?
- Was kann ich unternehmen, damit mich solch eine Krise in Zukunft nicht mehr so hart trifft?
5. stärke deine Resilienz: Die Krise als Training für die Zukunft
Krisen können deine Resilienz stärken und dich auf zukünftige Situationen vorbereiten. Die Langzeitstudie von Masten und Tellegen (2012) betont die Bedeutung der frühen Kindheit für die Entwicklung von Resilienz, zeigt aber auch, dass Resilienz trainierbar ist. Techniken wie Achtsamkeitsübungen, regelmäßige körperliche Bewegung und der Aufbau eines starken sozialen Netzwerks können dir helfen, deine Resilienz zu stärken. Probiere zum Beispiel tägliche Meditationen oder Yoga, um deinen Geist und Körper zu beruhigen und zu stärken.
6. Lerne Vom Scheitern: Fehltritte als Wachstumspotential
Fehler und Misserfolge sind oft unsere besten Lehrer. Wissenschaftliche Studien belegen die positiven Effekte des Lernens aus Fehlern. Anstatt dich von Fehltritten entmutigen zu lassen, betrachte sie als wertvolle Lektionen. Eine hilfreiche Übung ist die Reflexion: Nimm dir regelmäßig Zeit, über deine Fehler nachzudenken und zu überlegen, was du daraus lernen kannst. Dies fördert nicht nur dein Wachstum, sondern auch deine Fähigkeit, zukünftige Herausforderungen besser zu meistern.
7. Erlaube dir, Hilfe zu holen
Es ist ein Zeichen von Stärke, wenn du dir bei Bedarf gezielt Unterstützung suchst und auch in Anspruch nimmst. Wir dürfen uns alle eingestehen, dass wir Hilfe brauchen, wenn wir merken, dass wir nicht mehr können oder uns im Kreis drehen und alleine nicht mehr weiter wissen. Scham ist hier kontraproduktiv. Je früher wir uns Hilfe bei einer Expertin oder einem Experten holen, umso schneller geht es uns besser und wir können mit neuen Erfahrungen gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Krise als Chance sehen: Hab Mut zur Veränderung!
Krisen sind nicht das Ende, sondern der Anfang von etwas Neuem. Sie bieten dir die Möglichkeit, dich weiterzuentwickeln und zu wachsen. Mutige Entscheidungen in fordenden Zeiten können zu positiven Lebensveränderungen und erhöhter Resilienz führen. Also sei mutig und nutze die Krise als Chance zur Veränderung.
Finde heraus, wie stark du wirklich bist: So nimm dir doch gleich jetzt einen Moment Zeit und reflektiere über eine Krise in deinem Leben. Wie bist du damit umgegangen? Was hast du daraus gelernt und welche Chancen hast du darin entdeckt? Teile deine Geschichte und inspiriere andere, den gleichen Weg zu gehen.
Quellen:
Gross, J. J. (2002). „Emotion regulation: Affective, cognitive, and social consequences.“ Psychophysiology, 39(3), 281-291.
Masten, A. S., & Tellegen, A. (2012). „Resilience in developmental psychopathology: Contributions of the Project Competence Longitudinal Study.“ Development and Psychopathology, 24(2), 345-361.
Infografik: gefunden bei fortschritt.co
Mehr zum Thema:
Akzeptanz als Grundkonzept für mentale Stärke
Gedankenkarussell stoppen:Tipps und praktische Übungen
Wie Selbstwahrnehmung deine Resilienz fördert
Wie Optimismus deine Resilienz stärkt
Loslassen lernen
Was ist Resilienz?